Hättma, kenntma, mochma oba net

Stellungnahme zur ÖFB-Entscheidung

Wie wohl die allermeisten eine derartige Entscheidung zu jedem Zeitpunkt als am Wahrscheinlichsten gehalten haben, gibt es nun Gewissheit. Nach dem Ausscheiden der zweiten Mannschaft aus Mattersburg und dem Entscheid des Aufstieg der Rapid Amateure hält die Regionalliga Ost nun bei 13 Vereinen. Trotz heftiger Kritik in den vergangenen Tagen und Wochen, dem engagierten und solidarischen Handeln der verbliebenen Ostligisten haben sich die Chefs der Landesverbände gegen eine Aufstockung der dritten Leistungsklasse im Osten Österreichs entschieden. Nicht allein wird dadurch eben diese Spielklasse massiv sportlich entwertet, die Schnittstelle zwischen Amateur- und Profibereich vernachlässigt und zudem zahlreiche Vereine, die durch den Ausbruch der Corona-Pandemie ohnehin bereits deutlich angeschlagen sind, auch in finanzieller Hinsicht von den Verbänden im Regen stehen gelassen.

Viel wurde in den letzten Tagen gesprochen, diskutiert und beraten. Zahlreiche Optionen wurden aufgezeigt. Doch warum sollten sich engstirnige Verbandschefs denn um derartige Lösungsvorschläge kümmern. Im Interview mit 90minuten.at wird Robert Sedlacek, Wiens oberster Fußballfunktionär etwa folgend zitiert: „Der ÖFB hat den Abbruch beschlossen. Wir als Landesverband haben uns aus Gründen der Rechtssicherheit angeschlossen.“ Bereits vor einigen Tagen, am 11. August noch hatte Johann Gartner aus dem niederösterreichischen Verband durchaus Bereitschaft zum Gespräch angeboten. Wiederum bei 90minuten.at sagte er folgendes: „Wenn Sie eine Lösung haben, können Sie mich jederzeit anrufen.“ Eben eine solche Lösung hatten unter anderem die bereits angesprochenen 13 verbliebenen Ostligisten auf einer proaktiv einberufenen Konferenz eingebracht. Demnach hätte man etwa, um mögliche Klagen präventiv zuvorzukommen etwa ein Playoffspiel zwischen den Interessenten aus der jeweiligen vierten Leistungsklasse durchführen können. In unserem Fall etwa wäre das wohl aus sportlicher Sicht einer durchaus fairen Option gleichgekommen. Selbst die Aufstockung durch die Elektra, des Zweitplatzierten aus der Saison 2018/19 in der Wiener Stadtliga wurde damit durch die Verbände ein Riegel vorgeschoben. Trotz aller, teilweise durchaus berechtigten Kritik, welcher Vertreter aus dem jeweiligen Landesverband nun in die Regionalliga nominiert werden sollte, wurde nun am Ende die ohne jeden Zweifel schlechteste aller „Varianten“ gewählt. Obgleich man diese Entscheidung gar nicht als Variante oder Option bezeichnen sollte. Abermals wird der österreichische Weg gegangen. Man kann sich dabei dem Eindruck nicht erwehren, dass es einzig und allein darum ging, keinen Schritt zu wagen. Mutlos und ohne jegliche Zukunftsperspektive wird damit wiederholt der einfachste Weg gegangen.

Selbst das so oft erhobene Totschlagargument des durch den ÖFB eingeholten Rechtsgutachtens wurde noch in den letzten Tagen in dieser Form entkräftet. Das Gutachten jedoch stellt einzig und allein fest, dass es keinen Absteiger geben darf und es folglich kein Recht auf Aufstieg geben kann. Es lässt den Verbänden aber durchaus die Möglichkeit offen, einen Aufsteiger herbeizuführen, wenn aus der Liga ein Klub unvorhergesehen ausscheiden sollte. Selbst der Verfasser des Gutachtens, Universitätsprofessor Martin Karollus sah diesen Fall auch aus juristischer Sicht aber nun eingetreten.

Am Ende bleibt nur die Ernüchterung. Wiederholt müssen wir also feststellen, dass alte Männer, die sich seit Jahren in ihren Institutionen geradezu kaiserlich verhalten, wenig Interesse für Argumente aufbringen können. Sich selbst zu profilieren, diese beschriebene kaiserliche Macht auch nach Außen zu jedem Zeitpunkt auszuspielen und verkrustete Strukturen weiterhin aufrecht zu erhalten, sind anscheinend wohl wichtiger als eine mutige und zukunftsorientierte Perspektive für den österreichischen Fußball zu schaffen. Gerade der Amateurbereich wird dabei sträflich vernachlässigt. Während der Profibereich durch den Aufstieg der zweiten Vertretung des SK Rapid Wien nun also in voller Stärke an den Start gehen wird, kommt die dritte Liga einer Farce gleich. Vereine, die in einem Monat nur ein Spiel bestreiten, andere Vereine, die damit eine Winterpause von vier Monaten aufreißen und noch viel einschneidender, lediglich 24 Spieltage. Gerade die drei fehlenden Heimspiele werden besonders in diesen Zeiten zusätzlich schmerzen.

Als Fans des First Vienna Footballclubs bleibt uns also abschließend nun einmal mehr Enttäuschung. Die große Solidarität unter den Vereinen aber lässt selbst in dieser so schwierigen Zeit die positiven Seiten des Fußballs aufzeigen. Diese Solidarität ist es, die weiter auf eine positive Zukunft für den Fußball, fern von jeglichen völlig abgehobenen alten Männern in irgendwelchen Verbänden, hoffen lässt. Uns bleibt also nichts anderes übrig, als eine weitere Ehrenrunde in der Wiener Stadtliga anzutreten. Unbequem und fordernd sollten wir dabei weiterhin bleiben.

First Vienna Football Club Supporters 1894 im August 2020

Ein Gedanke zu „Hättma, kenntma, mochma oba net

  1. Stephan

    Ich teile eure Kritik an den Verbandsfunktionären. Ihr solltet in eurem Statement der Fairness halber aber auch erwähnen dass die Verantwortlichen der Vienna gegen eine Aufstockung der 2. Frauen Bundesliga gestimmt und den FC Dornbirn Frauen damit die Möglichkeit auf den verdienten Aufstieg verwährt haben. Es ist bedauerlich, dass die RLO und somit auch alle Ligen darunter nicht aufgestockt werden. Es ist richtig das traurige Schauspiel das Verbandsfunktionäre immer wieder Aufführen sobald es darum geht wichtige Entscheidungen zu treffen anzuprangern. Gleichzeitig aber zu Verschweigen, dass eure eigene Frauenabteilung gegen eine Aufstockung gestimmt hat, nur um sich mit den sehr ambitionierten FC Dornbirn Frauen potentielle Aufstiegskonkurrentinnen vom Leib zu halten, ist nicht gerade die feine englische Art.

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